YIN UND YANG IN DER CHINESISCHEN MEDIZIN UND CHINESISCHEN PHILOSOPHIE

Yin und Yang – Was ist das ?

Das Yin-Yang Symbol

Das alte chinesische Zeichen, in dem das Dunkle (Yin) und das Helle (Yang) immerwährend kreisen, sich ergänzen und hervorbringen, symbolisiert das sich ständig verändernde Gleichgewicht von Yin und Yang. Dieses Gleichgewicht bestimmt den freien Fluss des Qi, fälschlich oft mit „Lebensenergie“ übersetzt. Diese beiden Kräfte bilden das dynamische Gegensatzpaar, das allem Leben zugrunde liegt, wie Tag und Nacht, Aktivität und Ruhe, Ein- und Ausatmen, Geben und Nehmen auf allen Gebieten. Aus dieser zentralen Idee des sich immer wieder neu formenden Gleichgewichts entwickelte sich die Chinesische Medizin und ihre Auffassung darüber, wie Krankheit entsteht und Gesundheit erhalten wird. Das Ungleichgewicht, also die Krankheit, wird durch eine Kombination verschiedener Faktoren verursacht, die vom Therapeuten untersucht und eingeschätzt werden:

  1. Angeborene Konstitution: Familienkrankheiten und -tendenzen müssen beachtet werden. Die TCM bezieht familiäre Erkrankungsneigungen in ihre Diagnose ein. Sie ortet die Bereiche der geschwächten Widerstandskraft und stärkt die Konstitution.
  2. Emotionaler und geistiger Zustand: Belastende Emotionen wie Stress, Sorgen, Ängste, Nöte, Abneigungen, Ärger, Trauer etc. können innere Organe und den Körper insgesamt schwächen, da sie in einer besonderen Wechselwirkung mit diesen stehen. Umgekehrt können erkrankte innere Organe emotionale Entgleisungen hervorrufen.
  3. Ernährung: Die schlechte Qualität und der niedrige Nährwert der heutigen Lebensmittel ist auch eine Ursache von Erkrankungen. Die meisten Nahrungsmittel enthalten Spuren von chemischen Substanzen wie Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffe sowie Pestizide. Auch unregelmäßige und zu kurze Essenszeiten unter Anspannung und Zeitdruck sind heute die Gründe einer schleichenden Zunahme von Erkrankungen.
  4. Umweltfaktoren: Kälte, Wind, Hitze, Feuchtigkeit oder Trockenheit können jeweils allein oder in Kombination schädigend auf den Organismus einwirken. Die Wetterfühligkeit ist nur ein deutliches Beispiel dafür. Auch die familiären Verhältnisse, die Wohnsituation sowie berufliche Tätigkeit werden als mögliche Krankheitsfaktoren berücksichtigt.
  5. Traumen: Damit sind nicht nur körperliche Unfälle, sondern auch tiefliegende emotionale Verletzungen gemeint, die in der Diagnostik beachtet werden.
  6. Drogen: Genussmittel wie Tee oder Kaffee, Tabak, Alkohol, Zucker sowie Drogen und chemische Medikamente stellen häufige Erkrankungsursachen dar. Mithilfe der Akupunktur lässt sich sowohl der Drogen- als auch der Medikamentenmissbrauch wirkungsvoll behandeln.

Im Folgenden finden Sie 8 Tipps mit denen Sie selber zur Linderung von Beschwerden unter anderem bei Rheuma, Arthrose und Muskel-, Sehnen- und Gelenkbeschwerden beitragen können.

Das Yin-Yang-Konzept in der chinesischen Philosophie

Das Konzept der beiden Polaritäten Yin (fälschlich manchmal Ying) und Yang dürfte nicht nur im Westen die bekannteste philosophische Lehre Chinas sein, sondern gilt auch in China als wichtigste Theorie, sowohl der chinesischen Medizin wie auch der chinesischen Philosophie.

Die wohl früheste Erwähnung des Begriffspaares Yin und Yang findet sich bereits 700 v. Chr. im I-Ging, dem Buch der Wandlungen, welches auch im Westen als Orakel- und Weisheitsbuch große Verbreitung gefunden hat. Um 300 v. Chr. existierte in China sogar eine philosophische Schule namens Yin-Yang-Schule, die sich ganz dieser Theorie gewidmet hat.

Philosophisch repräsentieren Yin und Yang ein Gegensatzpaar, welches weniger ausschließender, sondern vielmehr ergänzender Natur ist. Alle Dinge der Welt beinhalten sowohl Yin- wie auch Yang-Eigenschaften, die Charakteristik eines der beiden Momente tritt aber erst dann in Erscheinung, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Yin und Yang aufgetreten ist und so die Eigenschaften des dominierenden Elements an die Oberfläche tritt.

Ein reines oder absolutes Yin oder Yang gibt es dabei nicht, vielmehr sind Yin und Yang relative Bezeichnungen, wie warm und kalt, die nur in Relation zu einem anderen Sinn machen. Wie ein Gegenstand im Vergleich zu einem anderen wärmer, zu einem weiteren aber kälter sein kann, so kann ein Ding im Verhältnis zu einem anderen yang sein, im Verhältnis zu einem dritten aber yin. In jedem Yin liegt aber immer der Keim von Yang und umgekehrt – erkennbar an den beiden Punkten in dem berühmten Yin/Yang-Symbol.

Konkret bedeuten Yin und Yang die schattige und die sonnige Seite eines Hügels, in weiterem Sinne also Dunkelheit und Licht. Die Chinesen haben aber von alters her alle Dinge ihrer Erfahrungswelt den beiden Polaritäten zugeordnet, was die folgende Auswahl veranschaulichen mag:

  • Yang
  • Licht
  • Sonne
  • Helligkeit
  • Aktivität
  • Himmel
  • rund
  • Zeit
  • Osten
  • Süden
  • links
  • Yin
  • Dunkelheit
  • Mond
  • Schatten
  • Ruhe
  • Erde
  • flach
  • Raum
  • Westen
  • Norden
  • rechts

Yin und Yang dürfen dabei nicht statisch aufgefasst werden, sondern als Stadien innerhalb eines universalen Transformationsprozesses. Der Kreislauf der Jahreszeiten und der Wechsel von Tag und Nacht sind die deutlichsten Beispiele für das ewige Wechselspiel von Yin und Yang. Man findet es aber auch im Lebenszyklus eines Menschen oder etwa im Verdauungsprozess, womit wir bereits den medizinischen Bereich berühren.

Im ständigen Umwandlungsprozess von Yang in Yin und Yin in Yang ist es bedeutsam zu Wissen, wodurch der jeweilige Prozess verursacht wurde, um daraus Prognosen für die Zukunft stellen zu können bzw. für den Arzt, um eine Diagnose stellen zu können. Die Chinesen unterscheiden, neben dem ausgeglichenen, zwischen vier Verhältnissen von Yin und Yang:

  • Überwiegen des Yin
  • Überwiegen des Yang
  • Schwäche des Yin
  • Schwäche des Yang

Die Schwäche des einen Pols ist nicht identisch mit dem Überwiegen des anderen. Die Erscheinungen mögen sich ähneln, aber für eine Durchdringung der Ursachen eines Ungleichgewichtes von Yin und Yang ist es notwendig zu wissen, ob diesem ein Überwiegen oder eine Schwäche vorausging.

Das Yin-Yang-Konzept in der chinesischen Medizin

Die Yin-Yang-Theorie ist die grundlegende Lehre der chinesischen Medizin. Ihr Ziel ist es, ein gestörtes Gleichgewicht von Yin und Yang im Körper des Kranken wiederherzustellen. Dies erfordert die genaue Kenntnis der Ursache des Ungleichgewichts, auf deren Grundlage Methoden zur Stärkung oder Minderung des jeweiligen Momentes indiziert werden können.

Giovanni Maciocia schreibt in seinem Standardwerk „Die Grundlagen der Chinesischen Medizin“:

Wir können sagen, dass die ganze Chinesische Medizin, ihre Physiologie, Pathologie, ihre Diagnose und Behandlungsmethoden auf die zugrundeliegende fundamentale Theorie von Yin und Yang zurückgeführt werden können. Jeder physiologische Vorgang, Jedes Symptom und Krankheitszeichen kann im Licht der Yin-Yang-Thorie analysiert werden. Letztlich zielt jede Behandlungsmaßnahme auf eine der vier folgenden Strategien ab:

  • Das Yang stärken
  • Das Yin stärken
  • Yang-Fülle beseitigen
  • Yin-Fülle beseitigen.
    (…) Wir können sagen, dass es keine chinesische Medizin ohne Yin-Yang gibt.

Die Teile des Körpers, insbesondere auch die Organe, lassen sich in solche, die eher zum Yin, und solche die eher zum Yang gehören, unterscheiden. Beispielsweise gehört der Kopf zum Yang, der Rest des Rumpfes zum Yin, da Yang immer den feineren, aufsteigenden, dem Himmel zustrebenden Elementen zugeordnet ist, Yin hingegen den gröberen, schwereren, der Erde zustrebenden. Innerhalb von Kopf und Rumpf lassen sich dann aber wieder Yin- und Yang-Bereiche unterscheiden.

Unter den Organen lassen sich diejenigen dem Yang zuordnen, die die Nahrung aufspalten, transformieren und ausscheiden, während Yin-Organe für die Speicherung der durch diesen Prozess gewonnenen wertvollen Stoffe zuständig sind – Magen und Darm wären also typische Yang-Organe, während Milz und Leber überwiegend Yin-Eigenschaften haben.

Vor allem aber erlaubt es die chinesische Medizin, die verschiedenen Krankheitssymptome auf ihre Yin- bzw. Yang-Eigenschaften hin zu interpretieren. Anzeichen von Hitze (Fieber) oder Erregung sind Ausdrücke von einer Yang-Dominanz, während sich ein Überwiegen von Yin in Frösteln, Schläfrigkeit oder starker Sekretion äußern kann. Die folgenden Leitkriterien lassen sich aufstellen:

  • Yang
  • Feuer
  • heiß
  • rastlos, unruhig
  • trocken
  • hart
  • Erregung
  • schnell
  • nicht substantiell
  • Transformation, Wandel
  • Yin
  • Wasser
  • kalt
  • ruhig
  • feucht
  • weich
  • Hemmung
  • langsam
  • substantiell
  • Bewahrung, Speicherung

Auch der Verlauf einer Krankheit lässt Rückschlüsse auf seine tiefere Ursache zu: Akute Krankheiten, solche die sich schnell verändern oder plötzlich beginnen deuten auf ein Dominieren des Yang während chronische, schleichende Krankheiten, oder solche die langsam beginnen auf ein Überwiegen des Yin hinweisen.

Wie bereits beim philosophischen Aspekt der Yin-Yang-Lehre erwähnt kann einem Ungleichgewicht von Yin und Yang sowohl die Schwäche des einen Aspektes als auch ein Übermaß des anderen zugrunde liegen. Erst wenn der Arzt herausgefunden hat, welcher Fall vorliegt, kann er Maßnahmen ergreifen um einen Aspekt zu stärken oder einen anderen zu mindern, um so einen Ausgleich herbeizuführen und die gestörte Gesundheit seines Patienten wiederherzustellen.